Fast zwei Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie haben Forscher bereits viele neue Erkenntnisse über das 2019 entdeckte Coronavirus gewonnen. Darüber, wie lange Betroffene nach einer überstandenen Covid-19-Erkrankung immun sind, gibt es bisher jedoch wenig Aufschluss. Wissenschaftler des Centrum für Translationale Medizin, Immunologie und Transplantation der Medizinischen Klinik I des Marien Hospital Herne – Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum ist es nun gelungen, bei Patienten mit einer überstandenen Corona-Infektion bestimmte Immunzellen nachzuweisen, die langfristig vor einer erneuten schweren Infektion schützen. Die Ergebnisse wurden in der renommierten Fachzeitschrift „Allergy“ publiziert.
Das menschliche Immunsystem hat die Fähigkeit, nach einem ersten Kontakt mit einem neuen Krankheitserreger ein Schutzgedächtnis aufzubauen. Bei einem erneuten Kontakt weiß das Immunsystem dann dank des Schutzes sehr schnell, was zu tun ist und hat die entsprechenden Werkzeuge schon vorbereitet. Möglich ist dies dank der B-Zellen. Sie gehören zu den weißen Blutkörperchen und machen zusammen mit den T-Zellen den erworbenen Teil des Immunsystems aus – also den Teil, der sich an neue Krankheitserreger anpassen kann. Werden die B-Zellen durch Strukturen eines Bakteriums oder Virus aktiviert, wandelt sich ein Teil der B-Zellen zu Zellen um, die Antikörper produzieren. Der restliche Teil entwickelt sich zu B-Gedächtniszellen, die bei erneutem Kontakt mit dem gleichen Antigen gegen einen erneuten Infektionsausbruch schützen.
Länger als sechs Monate im Blut
Der Schutz durch B-Gedächtniszellen dauert jedoch unterschiedlich lange an. Je nach Krankheit kann er mehrere Jahre oder gar Jahrzehnte halten, wird jedoch mit der Zeit schwächer. Gerade bei neuartigen Erkrankungen – wie Covid-19 – muss erforscht werden, wie lange B-Gedächtniszellen im Körper verbleiben. „Zu Beginn der Corona-Pandemie war eine große Sorge, dass ein effektiver Immunschutz nach einer Infektion nur eine kurze Zeit anhalten würde, sodass die Herdenimmunität nur schwer erreichbar wäre“, so Prof. Nina Babel, Leiterin des Centrums für Translationale Medizin, Immunologie und Transplantation. Prof. Timm Westhoff, Direktor der Medizinischen Klinik I – Allgemeine Innere, Nephrologie, Gastroenterologie, Pneumologie ergänzt: „Wir haben als eine der ersten Gruppen weltweit und erstmals in einer europäischen Kohorte B-Gedächtniszellen gegen das neue Coronavirus bestimmen können.“ Dabei habe sich gezeigt, dass auch Patienten über sechs Monate nach der Infektion noch ähnlich hohe Level dieser Zellen im Blut hatten wie Patienten kurz nach der Infektion.
Dauerhafter Schutz
„Unsere Ergebnisse sprechen dafür, dass die Patienten nach durchgemachter Infektionen einen Schutz für mindestens 6 Monate aufgebaut haben. Wir verstehen jetzt auch besser, wie dieser Langzeitschutz bei den genesenen Patienten funktioniert“, ordnet Prof. Babel die Ergebnisse weiter ein. „Interessant wäre nun die weitere Beobachtung in längeren Zeitabständen nach der Infektion.“ Doch nicht nur Genesene können durch B-Gedächtniszellen einen Schutz aufbauen: „Mittlerweile gibt es auch Untersuchungen, die zeigen, dass mRNA-Impfstoffe die Bildung von B-Gedächtniszellen effektiv anstoßen und so den Langzeitschutz gegen eine Corona-Infektion fördern“, so Prof. Babel.